Schaffhauser Nachrichten: «Konfettifest in bunten Kostümen»

13. Februar 2023

Schaurige Masken ziehen, begleitet von Blasmusik und Trommeln, schallend durch die Altstadt: Nach zwei Jahren...

Es hatte sich eine ordentliche Schar von Interessierten in der Münstersenke eingefunden, um die Einweihung von Roman Signers Skulptur «Verdoppelung» mitzuerleben. Und es war schon ein besonderer Augenblick, als das Dreieinhalb-Tonnen-Objekt an den Standort gezirkelt wurde.

von Alfred Wüger

Im Grunde muss man schmunzeln, wenn man das Objekt zum ersten Mal sieht. Und vielleicht bei den folgenden Malen auch. Denn die «Verdoppelung» genannte Skulptur, eine Art am First räumlich gespiegeltes Haus, hat etwas Heiteres. Und auch das kurze Gespräch mit dem Künstler Roman Signer, einem Mann von europäischer Bedeutung, war ausgesprochen heiter. Es war nämlich kolportiert worden, dass er bei einem Stadtrundgang bei der Münstersenke gesagt habe: «Wir müssen nicht mehr weitergehen. Das ist der Ort. Hier machen wir es.» Auf die Frage, was damals in ihm ­geschehen sei, lächelt der Künstler und sagt: «Ich weiss es nicht. Es hat einfach klick ­gemacht.» Aber nicht nur das. Er habe auch sofort gesehen, dass er eine Skulptur schaffen werde, wie sie jetzt hier steht. Fazit? «Ich bin sehr zufrieden. Es ist perfekt gemacht. Ich danke den Handwerkern herzlich.»

Trotz der dreieinhalb Tonnen Gewicht der «Verdoppelung» aus Chromstahl und der Höhe von 4,52 Metern verströmt die Skulptur eine kindliche Leichtigkeit. Zum Beispiel so: Auf der Rückseite, dort, wo es keine Türöffnungen hat, befindet sich im Giebel des auf dem Kopf stehenden Hauses eine kleine, runde Öffnung, eine Art Elmer Martinsloch, und das Sonnenlicht, das bei schönem Wetter so wie am Freitag hier hindurchströmt, zaubert in einiger Entfernung der «Fassade» einen Lichtfleck auf den Boden.

Dauerleihgabe als Zeichen

Kunstvereinspräsident Stephan Kuhn sagte, der Anlass für die «Verdoppelung» sei der bevorstehende 175. Geburtstag des Kunstvereins, und er liess den Entstehungsprozess noch einmal Revue passieren. Im Oktober 2017 habe man zum ersten Mal von diesem Projekt gesprochen. «Seit vielen Jahren wurden nur sehr wenige Werke im öffentlichen Raum aufgestellt», sagte Stephan Kuhn. «Zum bevorstehenden Geburtstag des Kunstvereins wollten wir mit einer Dauerleihgabe ein Zeichen setzen.» Wann dieser Geburtstag tatsächlich zu feiern ist, sei indes unklar, weil unklar sei, ob der Kunstverein Schaffhausen im Jahre 1847 oder im Jahre 1848 gegründet wurde. Wie auch immer – Roman Signer sei vom Anfang der Diskussionen an stets einer der Künstler gewesen, den man mit einer solchen Arbeit habe betrauen wollen.

2018 kam er dann, mit seiner Frau, nach Schaffhausen. Und dabei, wie oben vom Künstler selbst geschildert, überfiel ihn das plötzliche Wissen über Was und Wo. «Roman Signer hat uns von Anfang an Skizzen in diese Richtung, die jetzt realisiert worden ist, präsentiert. Wir haben die Zusammenarbeit mit ihm nie bereut, und wir bereuen sie auch jetzt nicht», sagte Stephan Kuhn, ehe er zu den Danksagungen ausholte und dabei vor allem die Denkmalpflege würdigte, die für das Projekt grünes Licht gegeben habe. Und auch aus der Bevölkerung ­haben sich im Vorfeld kaum kritische Stimmen bemerkbar gemacht, sodass Stephan Kuhn seine Ansprache mit den Worten schliessen konnte: «Wir haben den Widerstand der Schaffhauserinnen und Schaffhauser überschätzt, und das Wohlwollen, das einem solchen Werk entgegengebracht wird, haben wir unterschätzt.»

Stadtrat Raphaël Rohner sagte: «Heute ist ein wichtiger Tag. Die Kunst im öffentlichen Raum soll einen neuen Stellenwert bekommen in unserer Stadt.» Gegenwartskunst im öffentlichen Raum solle als «zu unserem Kulturraum gehörig» erkannt werden, und zwar mit dem gleichen Stellenwert, den Zeugnisse aus längst vergangenen Epochen haben. «Das Werk lässt Raum für Inspiration und Meditation über Kunst im Spannungsbogen zwischen der heutigen Zeit und der Zeit der Errichtung des Münsters vor tausend Jahren, der Seele unserer Stadt.» Diese Überzeugung setzte sich in der Stadtregierung durch, sodass dann am 10. November 2020 der Stadtrat seine Zustimmung gab. «Ich bin gespannt», so Rohner, «wie die ­Gelegenheit genutzt wird, das man in das Werk hineingehen kann. Es ist ein besonderes Kunsterlebnis.»

In der Tat: Gebückt betritt man den Raum. Man sieht Schrauben und die entsprechenden Muttern, Verstrebungen, und durch ­Gewichtsverlagerung kann man dem Theaterdonner nicht unähnliche Geräusche erzeugen, denn das Blech, auf dem man steht, ist lediglich sechs Millimeter dick. Die Tür hat übrigens ein Schloss, sodass allfällige Gelüste, in der «Verdoppelung» zu übernachten, unterbunden werden können.

Stephan Kunz vom Kunstmuseum Chur lüftete in einer profunden Analyse das ­Geheimnis der spielerischen Leichtigkeit dieser Signerschen Skulptur: «Die ‹Verdoppelung› geht als Idee zurück auf das Jahr 1981», sagte Kunz. «Damals liess Roman Signer von einem Dachfirst aus zwei Ra­keten die Dachschrägen gewissermassen himmelwärts verlängern. Die zischenden Raketen zeichneten quasi die Hausform gespiegelt in die Luft.»Was 1981 ein flüchtiger Moment war, ist heute in Stahl geschweisst. Sieben Wochen lang hat Philipp Kramer von der Schaff­hauser Firma Brütsch Metallbau dafür gebraucht, zwei davon hat er mit Marco Keller zusammen die Oberfläche mit dem Exzenterschleifer «gerutschert», um die charakteristische Struktur zu erreichen. Die Oberfläche ist leicht matt und glänzt doch. Sie verändert sich mit dem Wetter und wandelt sich mit den Lichtverhältnissen. Fast wie ein stählernes Chamäleon. Mit dem Resultat sind die beiden Handwerker zufrieden.


Willy Wasers Dokumentarfilm

Der Filmer Willy Waser zeigte am Abend im Meeting Point an der Vordergasse den Dokumentarfilm, den er über die Herstellung der «Verdoppelung» gedreht hat. «Mich hat fasziniert, zu erleben, wie das Kunstwerk entstanden ist», so Willy Waser.

Die Diskussionen unter den Gästen ­waren sehr lebhaft. «Schaffhausen braucht mehr Aufbruch», sagte jemand, «die neue Skulptur ist etwas, was es sonst nicht gibt bei uns». Kritiker dieses Kunstwerks, Gegner gar waren wohl keine gekommen, und der Apéro in der Abendsonne vor dem Münsterportal lockerte die Stimmung noch zusätzlich.

shn 20210920

Kulturreferent Raphaël Rohner war ebenfalls anwesend: «Die Kunst im öffentlichen Raum soll einen neuen Stellenwert bekommen in unserer Stadt», sagt er. Bild: Selwyn Hoffmann

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