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Der Kantonsrat hat die Teilrevision des Polizeigesetzes deutlich verabschiedet. Über einzelne Abschnitte wurde ausgiebig gestritten. Ein allfälliger Urnengang konnte dennoch verhindert werden.

von Regula Lienin

An sich war die Revision des Polizeigesetzes unbestritten. Der Kanton benötigt für Vorermittlungen im Bereich Pädokriminalität eine gesetzliche Grundlage. Dies umso dringlicher, als der Bund diese Aufgabe nicht mehr übernimmt. Anlässlich der ersten Lesung zur Teilrevision des Polizeigesetzes im Mai 2021 – damals noch unter dem Titel «Überwachungsmassnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen» – hatten sich dennoch Gräben aufgetan. Weil es sich dabei um einen elementaren Eingriff in die Privatsphäre handelt. Und weil es, anders als es der Titel suggerierte, nicht nur um die Verhinderung von Pädokriminalität geht.

Gestern nun behandelte der Kantonsrat das Geschäft in zweiter Lesung. Grundlage war der ungewöhnlich ausführliche Bericht der zuständigen Spezialkommission unter dem Vorsitz von Peter Neukomm (SP, Schaffhausen). Sie legte unter dem neuen Titel «Präventive Überwachungsmassnahmen», der auf den Inhalt der Gesetzesvorlage fokussiert, diverse Änderungen inklusive Herleitungen vor. Die Vorlage wurde in der Schlussabstimmung mit 51 zu 3 Stimmen und einer Enthaltung verabschiedet. Bis es soweit war, wurde gerungen.

«Wer im Staat soll das entscheiden?»

In der Detailberatung ging es als Erstes um die Dauer der polizeilichen Observationen. Laut Gesetz ist für eine Überwachung von mehr als einem Monat die Genehmigung durch die Staatsanwaltschaft nötig. Kommissionsmitglied Linda De Ventura (SP, Schaffhausen) stellte den Antrag, dass anstelle der Staatsanwaltschaft das Zwangsmassnahmengericht gesetzt werden sollte. Dieses sei unabhängiger als die Staatsanwaltschaft. Unterstützung erhielt sie von Marcel Montanari (FDP, Thayngen) «Die Frage ist: Wer im Staat soll das entscheiden?» Er würde auch sagen, dass die Gerichte unabhängiger seien. Sie hätten keinen Interessenskonflikt.

Kommissionspräsident Peter Neukomm sprach sich für die vorgelegte Lösung aus. Sie entspreche auch der Mehrheitsmeinung in der Kommission. «Die Staatsanwaltschaft ist dafür die richtige Instanz.» Unterschiedliche Instanzen würden das Ganze verzögern. Die zuständige Regierungsrätin Cornelia Stamm Hurter (SVP) sprach von der Anwaltslobby, die hier ihre Interessen vertrete. Auch der Bund sehe in dieser Frage die Staatsanwaltschaft vor. Sie bat, dem Antrag nicht stattzugeben. «Sonst gibt das wieder Juristenfutter.» Wer wem tatsächlich Arbeit beschert, blieb in der weiteren Diskussion für den Laien unklar. «Es ist ein Schulbeispiel für eine Vorlage, die gerade noch von einem Milizparlament bewältigt werden kann», sagt Raphaël Rohner (FDP, Schaffhausen), ebenfalls Kommissionsmitglied. Auch er, der eigentlich vom Fach sei, sei an Grenzen gestossen. Der Antrag wurde mit 33 zu 21 Stimmen und einer Enthaltung abgelehnt.

«Ich will keine Volksabstimmung»

Um eine ähnliche Frage ging es im Weiteren. Im Fall einer verdeckten Fahndung, die länger als einen Monat dauert, sah die Kommissionsvorlage ebenfalls die Staatsanwaltschaft als Genehmigungsinstanz vor. De Ventura beantragte auch hier die Änderung auf das Zwangsmassnahmengericht – und scheiterte damit mit 32 zu 22 Stimmen und zwei Enthaltungen. Zwischenzeitlich drehte sich die Diskussion um das fachliche Gutachten und um den allfälligen Vorbildcharakter des neuen Gesetzes. Schliesslich beantragte Kommissionsmitglied Matthias Freivogel (SP, Schaffhausen), als ehemalig Fichierter besonders wachsam, den Absatz, der die verdeckte Fahndung ausserhalb von Strafverfahren zur Informationsbeschaffung oder zur Erkennung und Verhinderung von Straftaten regelt, zu streichen. Die Informationsbeschaffung sei nicht Zweck, sondern Mittel, sagte er.

«Ich will keine Volksabstimmung», kündigte Kommissionspräsident Peter Neukomm an. Es fand sich ein Kompromiss, in dem das Wort «Informationsbeschaffung» durch «Gefahrenabwehr» ersetzt wurde. Dagegen würde sie sich nicht wehren, sagte auch Stamm Hurter und betonte dennoch: «Fichen kann es nicht geben, weil wir Streichungsfristen haben». Die Änderung wurde mit 43 zu 10 bei zwei Enthaltungen gutgeheissen. Diskussionslos ging der Antrag zum Personalbestand der Schaffhauser Polizei über die Bühne. Dieser darf um maximal zehn Pensen überschritten werden. Der Rat verabschiedetet ihn mit 50 zu 1 Stimme.