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Vier Varianten des Steuerfusses diskutierte das Parlament der Stadt Schaffhausen am Dienstag bis kurz vor Mitternacht. Schliesslich einigte man sich auf 92 Prozent. Für Kritik sorgte zudem die markante Lohnerhöhung für das Personal. Dennoch fand sie eine Mehrheit.

von Tobias Bolli

Für FDP, SVP und EDU war am Dienstag im Grossen Stadtrat klar: Eine Lohnerhöhung für das Stadtpersonal kommt einzig in Verbindung mit einer substanziellen Steuersenkung infrage. «Der Stadtrat schwimmt im Geld der Steuerzahler und will damit auch in Zukunft seine Träumereien finanzieren», sagte Mariano Fioretti (SVP) an der Budgetsitzung des städtischen Parlaments. Er habe erst einmal leer schlucken müssen, als er die vom Stadtrat beantragte Lohnsummenerhöhung von 4,5 Prozent sah. Stossend sei diese vor allem im Direktvergleich mit der Steuersenkung, die laut Stadtrat für natürliche Personen nur ein Prozent betragen soll. Eine grosse Lohnerhöhung fürs Stadtpersonal, eine kleine Steuersenkung für alle anderen – das stehe doch in keinem Verhältnis zueinander, argumentierte auch Severin Brüngger (FDP). «Angestellte im Gastgewerbe und Putzkräfte erhalten deutlich weniger.»

Die Lohnerhöhungen zählten im Budget zu den grössten Kostentreibern und seien, einmal beschlossen, nicht mehr rückgängig zu machen. Wie die SVP könne sich die FDP höchstens zähneknirschend hinter diese Lohnerhöhung stellen – und nur wenn der Steuerfuss im Gegenzug auf neu 90 statt 92 Prozent gesenkt wird. Als Symbol für die «verschwenderische Ausgabefreudigkeit» des Stadtrats sahen die rechten Parteien eine im Novemberbrief schon von der Geschäftsprüfungskommission bemängelte Ersatzbeschaffung. Für 70'000 Franken sollte laut Budget ein neues Elektrofahrzeug für die Stadtpolizei gekauft werden. Die Karre könne noch einige Jahre weiterfahren, meinten einige, überhaupt existierten deutlich günstigere Alternativen.

Das tiefste verantwortbare Niveau

Matthias Frick (SP) konnte beim besten Willen keinen Zusammenhang zwischen Steuerfuss und höheren Personalkosten erkennen. «Ein solcher Zusammenhang wurde von der SVP konstruiert, die uns nun erpressen will.» Eine Anpassung des Steuerfusses solle allein von der Finanzlage der Stadt abhängig gemacht werden. Nehme man diese aber zur Kenntnis, dann sei mit den gegenwärtigen 93 Prozent das tiefste verantwortbare Niveau bereits erreicht.

Finanzreferent Daniel Preisig (SVP) verteidigte bei seiner summarischen Vorstellung des Budgets die vom Stadtrat bevorzugte Steuersenkung auf 92 Prozent. Mit Blick auf die vielen anstehenden Bauprojekte könne der Stadtrat eine Steuersenkung von 3 Prozentpunkten nicht unterstützen. «Wir wollen den Kindern und Enkelkindern keinen Schuldenberg hinterlassen.» Weiter hob Preisig hervor, dass sich der Wohlstand der Stadt Schaffhausen vor allem den Unternehmenssteuern verdanke. Nur mit deren Obolus könne man so selbstbewusst investieren. «Doch diese Abhängigkeit birgt auch ein Risiko. Wir haben uns daran gewöhnt, sollten uns aber nicht einfach darauf verlassen.»

Die vom Stadtrat beantragte Lohnsummenerhöhung um 4,5 Prozent sei aufgrund der Teuerung angezeigt, ausserdem bleibe die Stadt als Arbeitgeberin so wettbewerbsfähig. Insgesamt beantragte er mit dem Budget 2023 neue Investitionen in der Höhe von knapp 50 Millionen Franken, darunter einen Ersatz der verbleibenden Dieselbusse durch E-Busse und die Sanierung der Rhybadi.

Walter Hotz (SVP) zeigte sich ästhetisch von Preisigs Präsentation zwar angetan. «Aber was nützen uns diese schönen Folien, wenn nichts dahintersteht.» Er bezeichnete den Parteikollegen geradewegs als «Räuberhauptmann» und beklagte die vielen geplanten Investitionen der Stadt. Es könne nicht angehen, dass immer noch mehr Personal eingestellt wird, stattdessen bedürfe es endlich der Reformen zur Reduktion von staatlichen Regulierungen.

Nach einer langen Debatte wurden vier verschiedene Anträge gestellt: eine Beibehaltung des Steuerfusses bei 93 Prozent sowie eine Senkung auf 92, 90 und 88 Prozent. Mit 18 zu 16 Stimmen obsiegte schliesslich die vom Stadtrat bevorzugte Herabsetzung des Steuerfusses für natürliche Personen auf 92. Gleichzeitig beschloss eine Mehrheit eine Lohnsummenerhöhung in der Höhe von 4,5 Prozent.

Viele Änderungswünsche: Wo sparen, wo nicht?

Anträge auf Änderungen im Budget kamen am Dienstagabend aus dem Grossen Stadtrat viele. Diskutiert wurde über ein vollelektrisches Ersatzfahrzeug für die Stadtpolizei. Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) hatte beantragt, die dafür vorgesehenen 70'000 Franken aus dem Budget zu streichen, der Stadtrat wollte den Betrag aber beibehalten. Das jetzige Auto sei zehn Jahre alt und habe 85'000 Kilometer auf dem Buckel, sagte Stadträtin Christine Thommen (SP). «Luxusbeschaffungen gehören nicht ins Budget der Stadt», sagte hingegen Thomas Stamm (SVP). Das gehe günstiger. Und Mariano Fioretti (SVP) fragte: «Wie gehen die Leute nur um mit diesem Fahrzeug, dass schon so vieles kaputt ist?» Mit 17 zu 12 Stimmen bei 2 Enthaltungen stimmte der Rat dem Antrag der GPK zu: Es gibt also kein Ersatz-Elektrofahrzeug.

Mehr Geld fürs Skilager

100 000 Franken wollte die GPK für die Subventionierung von Skilagern ins Budget aufnehmen. Der Stadtrat beantragte stattdessen eine Erhöhung um 50'000 Franken. Damit könnten die Skilager um zusätzliche 100 Franken pro Kind vergünstigt werden. Bereits heute werden alle Kinder, die in der Stadt Schaffhausen ein Skilager besuchen, mit 100 Franken unterstützt, wie Bildungsreferent Raphaël Rohner (FDP) sagte. «50'000 Franken nehmen wir gern ins Budget, aber auch gegen 100'000 Franken stellen wir uns nicht», sagte Rohner. Ganz knapp, mit 17 zu 16 Stimmen, entschied sich der Rat für die grosszügigere Unterstützung bei Skilagern.

Planung Walther-Bringolf-Platz

Für die Planung und Projektierung des Walther-Bringolf-Platzes sind 350'000 Franken eingeplant. «Das erscheint mir für diesen einfachen, freien Platz völlig überrissen», sagte Nicole Herren (FDP). «Wenn die Projektierung schon so viel kostet, wie viel wird uns der Platz dann kosten?» Sie stellte den Antrag, den Betrag um 200'000 Franken zu kürzen. «Ich bitte sie dringend, dies nicht zu tun», sagte Baureferentin Katrin Bernath (GLP). «Wir haben selten die Möglichkeit, einen Platz in der Stadt umzugestalten.» Es bedürfe einer sorgfältigen Planung, man wolle hier ein Wettbewerbsverfahren. Wieder war die Abstimmung knapp: Mit 17 zu 15 Stimmen wurde Herrens Antrag abgelehnt.

Es ging unter anderem auch um die Erhöhung der Beiträge an private Kinderkrippen, um die Streichung von geplanten Neuerungen im Theaterrestaurant oder um die Streichung des Baumkronenmonitorings. Diese und zahlreiche weitere Anträge wurden abgelehnt. (est)

sn 20221116

Viel Ausdauer beim Diskutieren: Es wurde spät am Dienstagabend im Grossen Stadtrat. Bild: Melanie Duchene